Ausgabe November 2018
Franz Xaver Weltert- Zust, der Ofenbauer aus Büron
Gründer der über die Landesgrenzen hinaus bekannten Ofenfabrik Sursee AG war Franz Xaver Weltert-Zust, geb. 9.3.1848 in Büron, gest. 20.7.1940 in Sursee, Bürger von Büron und Sursee. Sohn des Leonz, Posthalter, verh. mit Josepha, Tochter des Joseph Zust, Müller in Büron.
Der Schlosser und Hafner Weltert produzierte 1871 zunächst in Büron und dann in Sursee tragbare Öfen. Hierzu erwarb er 1872 die Werkstätte eines Kupferschmiedes am oberen Graben in Sursee. Der innovative, erst 25-jährige Handwerker begann dort mit der Herstellung sogenannter Calorifères-Öfen.
Seine Erfindung bestand aus einem Gussgestell und war im Gegensatz zu den von Hafnern gemauerten, fest eingebauten Kachelöfen tragbar. Die Nachfrage nach dieser praktischen Neuheit war so gross und erfolgsversprechend, dass sich Weltert bereits 1873 nach neuen Werkstätten für seine elf Arbeiter umsehen musste und im Dägersteinfeld (Nähe Bahnhof) grössere Landflächen als Bauland erwarb.
Zur Finanzierung des Landkaufes, der Neubauten und der Produktionsanlagen gründete der junge Unternehmer zuerst die Firma Weltert & Cie und 1878 die Aktiengesellschaft Mechanische Ofenfabrik Sursee.
1875 wurde der Betrieb in der neu errichteten grossen Fabrikanlage aufgenommen. Um die grosszügigen Produktionsanlagen zu nutzen, begann Weltert, neben einer breiten Palette von Öfen und Kochherden, weitere Artikel aus Gusseisen, wie Balkon- und Treppengeländer, Gartenmöbel und sogar Bügeleisen herzustellen. Obwohl ab 1878 mit der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft frisches Kapital in die Firma floss, war der Betrieb nie wirklich rentabel. Und so war es nicht verwunderlich, dass das Unternehmen im Jahre 1884 den Konkurs anmelden musste und öffentlich versteigert wurde. Franz Xaver Weltert gelang es mit Fremdkapital die Firma wieder zurückzukaufen und mit neuem Schwung und neuen Ideen gelang ihm die Wende.
Die Fabrikanlage wurde zwischen 1890/95 und 1907 baulich permanent erweitert und es entstand ein regelrechtes Grossunternehmen.
Fotographie aus dem Jahre 1906 von der Ofenfabrik
Die Fassade des Neubaus an der Centralstrasse wurde im Stil des Historismus gestaltet und steht unter Denkmalschutz. Sie ist heute noch erhalten und wurde in den Neubau des Architekturbüros Leuenberger AG integriert.
Die historische Fassade an der Centralstrasse in Sursee beher-bergt heute ein Architekturbüro.
Die Produkte der Ofenfabrik wurden an nationalen und internationalen Ausstellungen ausgezeichnet und der unternehmerische Erfolg war entsprechend gross. Zu dieser Blütezeit 1909 beschäftigte die Firma 357 Angestellte und die Produktion umfasste: Käsekeller-Öfen, Dörrapparate, Futterdämpfer, Calorifères Öfen, Kochherde, Waschherde, kohlebeheizte Grossküchenherde, Gasherde, Kirchenheizungen, Zentral- und Etagenheizungen.
Signet der A.G. Ofenfabrik Sursee. F.X. Weltert trat 1898 mit seinen Öfen sogar an der Weltausstellung in Paris auf.
Die Ofenfabrik Sursee war damals nicht nur das grösste Unternehmen dieser Art in der Schweiz, sondern auch der einzige Betrieb, der alle Ofenbestandteile in verschiedenen Abteilungen im eigenen Werk herstellte. In der eigenen Töpferei wurden die Ofenkacheln und die feuerfesten Chamottesteine gebrannt und die Giesserei lieferte die Gussformen und alle benötigten Eisenteile.
Giesserei um 1890
Sämtliche Arbeitsabläufe vom Schleifen, Vernickeln, Polieren bis hin zur Endmontage wurden im gleichen Gebäudekomplex ausgeführt. Dies, sowie die Elektrifizierung von 1895, führten zu einer ungeheuren Produktionssteigerung. Weltert gründete Verkaufsstandorte in Zürich, Luzern und Bern. Darüber hinaus wurde der Export forciert
Werbepostkarte von 1910. Links das Ofensortiment und oben das Fabrikareal
Auch heute noch kann man auf Ebay weltweit sehr schön verarbeitete Öfen aus jener Zeit kaufen, dies vor allem in Deutschland, Holland, England, USA u.v.m.
Jugendstilofen mit bemalten Kacheln aus Sursee
Schöner, restaurierter Ofen, der auch heute noch Wärme spendet
Die stürmische Entwicklung zum Grossunternehmen und die bauliche Expansionsfreude des Unternehmers Weltert führten 1898 jedoch zu einem erneuten, wenn auch nur kurzfristigen Konkurs. Die zunehmende Elektrifizierung der Privathaushalte hatte einerseits zu schrumpfenden Absätzen von holzbeheizten Koch-und Waschöfen geführt. Doch hatte sich Weltert mit der ungestümen Erweiterung seiner Fabrik schlicht übernommen und zudem noch mit „Nebenbeigeschäften“ im Immobilienbereich verspekuliert.
Nach dem Konkurs von 1898 übernahm die neu gegr. Ofenfabrik Sursee AG die Produktion. Da Weltert jedoch alle Patente besass, konnte man nicht auf ihn verzichten und er wurde auch weiterhin als technischer Direktor angestellt.
Die Ofenfabrik überstand diese Krisen jedoch mehr oder weniger unbeschadet und war nach kurzer Erholungszeit unter der neuen Geschäftsleitung sehr erfolgreich. 1947 wurde die Firma als Sursee Werke AG vom Therma-Konzern übernommen und produziert seither Anlagen für Grossküchen und Öfen. Therma und damit die ehemalige „Ofenfabrik Sursee“ gehört heute zur schwedischen Elektrolux Gruppe.
Doch Weltert verkraftete die Degradierung und den Ausschluss aus der Geschäftsleitung nicht lange und zog ins Ausland. Er versuchte erfolglos eine Neugründung in Reims/ Frankreich. 1917 eröffnete er dann in Büron ein Unternehmen für Brennöfen für Schnapsbrennereien, welche er später zu Waschkochherden weiterentwickelte. Doch seine finanziellen Schwierigkeiten hielten an, und er musste sich ständig Geld ausleihen.
Dies führte schliesslich dazu, dass 1920 die Gebrüder Wyss aus Büron seine „Genossenschaft für modernen Apparatebau“ aus finanziellen Gründen übernahmen.
Aus dieser Übernahme und der Weiterentwicklung seiner Produkte ging später dann die Waschmaschinenfabrik Wyss-Mirella hervor.
Franz Xaver Weltert–Zust starb 1940 verarmt in Sursee
In der Rückschau darf man wohl sagen, dass Weltert zwar ein genialer Tüftler und zielstrebiger Geschäftsmann war, dass er sich aber oft selber im Wege stand. Einerseits konnte er nie ein vernünftiges Verhältnis zu Geld entwickeln und verlor bei all dem Erfolg mehr als einmal das Augenmass. Andererseits muss er aber auch ein rechter „Dickschädel“ gewesen sein, der sich weder um die Arbeitsbedingungen in den schmutzigen und staubigen Werkhallen kümmerte, noch bei den Löhnen nachgiebig war.
Unqualifizierte Arbeiter wurden im Stücklohn und im Schichtbetrieb angestellt. Rechte hatten sie keine und mit 4 Franken Tageslohn lag die Bezahlung unter dem Durchschnitt. Die Versuche seiner Belegschaft sich gewerkschaftlich zu orientieren wusste er stets zu verhindern. Ein solch „patriarchalischer Stil“ der Unternehmensführung war zwar damals nicht die Regel, jedoch weit verbreitet. Dem gegenüber steht das Bild des fürsorglichen Firmenpatrons, wofür es jedoch auch genügend positive Beispiele gibt.
Einige der Patentanmeldungen von Franz Xaver Weltert:
1908 Zentralheizofen, Neuerung an Bügeleisen, Vorrichtung zum Entwässern von nasser
Wäsche, Rauchverbrennungseinsatz für Feuerungsanlagen
1912 Getriebe zur Umwandlung einer Drehbewegung in eine hin- und hergehende Bewegung
1918 Vorrichtung zum Ausbeuten der Wärme im Rauch von Feuerungsanlagen
1919 Kochapparat
Besonders die Patentanmeldungen von 1908 und 1918 zeigen den innovativen Geist Welterts. Der „Rauchverbrennungseinsatz“ und die „Ausbeutung der Wärme im Rauch“ sind heute als „Abgaswärmetauscher“ bekannt und Standard in modernen Heizsystemen. V.S.2018