Die Malerdynastie Amberg aus Büron Ausgabe Dezember 2019
Ab Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelte sich in Büron eine Künstlerfamilie, die während drei Generationen rund zehn Künstler hervorbrachte. Die Ambergs. Einige von ihnen erlangten gar überregionale Anerkennung. Sie schufen zahlreiche Gemälde, Skulpturen, Altäre, Schnitzereien, Hinterglasmalereien, Vergoldungen und betätigten sich als gefragte Restauratoren. Zudem brachte die Familie weitere wichtige Persönlichkeiten hervor: Lehrer, Pfarrer, Ärzte, Architekten, Rechtsanwälte, Nationalräte...
Im Buch «Geschichte der Luzerner Hinterglasmalerei von den Anfängen bis zur Gegenwart» schreibt Georg Staffelbach:
«Es würde sich ohnehin lohnen, dem Werk der zehn Maler und Bildschnitzer aus der Familie Amberg nachzugehen. Sie gelten als Überlieferer, nicht bloss als Nachläufer der barocken und selbst der gotischen Kunst».
Im Dorfchronikordner hat der Büroner Maler Peter Sager, selbst ein Nachfahre dieser bedeutenden Künstlerfamilie, die Lebenslinien an Hand eines Stammbaumes aufgezeigt. Hiernach teilt sich um 1750 das Geschlecht der Ambergs in die nach Urban Amberg genannte Linie der „Banis“ im Kirchfeld (aus der unter anderem auch der begabte Büroner Architekt Franz Amberg stammt) und die eigentliche Künstlerlinie, alles Nachfahren des Johann Josef Amberg.
Die ersten Generationen der Ambergs waren Landwirte und Heimweber. Ihre Ansässigkeit in Büron kann bis in das 16. Jahrhundert zurückverfolgt werden. In diesem Beitrag wollen wir uns auf Johann Josef Amberg und seine Nachkommen Josef Anton, sowie Johann Anton Sebastian beschränken. Nachstehend der Stammbaum mit den Künstlern.
Johann Josef Amberg (1762-1838)
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Johann Hieronimus (1791-1854), Josef Johann (1798-1832) und Josef Anton (1802-1883)
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Franz Xaver (1845-1894) Johann Robert (1840-?) Joh.Jos.Anton (1834-1874) Joh.Jos.Anton (1830-1887 )Josef Robert (1835-1898) Barb. Maria Jos. (1842-1897) Joh. Anton Seb. (1846-1916)
Wegen der Namensähnlichkeit und der grossen Kinderschar waren die einzelnen Familien allein aufgrund des Nachnamens kaum noch auseinanderzuhalten. Deshalb wurden sog. „Übernamen“ verteilt, welche mit der Tätigkeit, dem Rufnamen des Vaters oder der Liegenschaft in Zusammenhang gebracht werden konnten. Bei den Ambergs waren es die: Lumpers, s’Butzens, Kohlers, Malers und wie schon erwähnt s’Banis.
Johann Josef Amberg (genannt Jean) wurde 1762 in Büron geboren und stammte aus der Linie der „Malers“. Er war verheiratet mit Maria Weltert und beide schenkten achtzehn Kindern das Leben. Hiervon traten drei in Fussstapfen des Vaters und schlugen ebenfalls die Künstlerlaufbahn ein. Wie die meisten seiner Nachfahren auch, so betätigte sich der „alte“ Amberg hauptsächlich als Maler religiöser Motive. Dies entsprach zum einen einer tiefverwurzelten und echten Frömmigkeit und zum anderen war die katholische Kirche zu dieser Zeit aber auch ein sehr gut zahlender Arbeitgeber.
Von Jean Amberg sind relativ viele Werke als Maler nachweisbar. So zum Beispiel das Hochaltargemälde in der Heiligkreuzkirche Hasli/ Entlebuch (1787), das Maria Himmelfahrtbild in der St. Wendelinskapelle Krumbach/ Geuensee (1795) oder die Bilder neben dem Hochaltar des Kapuzinerklosters in Sursee (1795). Als Bildschnitzer durfte er in der Pfarrkirche Willisau die Verzierungen fertigen und 1823 erhielt er den Auftrag zur Schaffung der beiden Seitenaltäre in der St. Gallus-Kirche Büron.
Eines der drei Deckenbilder in der Wendelinskapelle von Krumbach/ Geuensee stellt Maria Himmelfahrt dar
Die beiden Seitenaltäre der Kirche Büron geschaffen von
Jean Amberg
Der Liebfrauenaltar an der Nordseite der Stadtkirche Sursee mit den Medaillons der Rosenkranzgeheimnisse von Jean Amberg
Jean Amberg betätigte sich jedoch auch als Hinterglasmaler, einer für die damalige Zeit beliebten Maltechnik. Das Hinterglasmalen war in unserer Region recht verbreitet. Amberg entwickelte eine ihm zugeschriebene Technik bei der die Gemälde eine starke Tiefenwirkung erhielten. Er bemalte verschiedene Ausschnitte gleichgrosser Glasscheiben und stellte diese danach voreinander. Die noch bekanntere Surseer Hinterglasmalerin Kranziska Zülly berichtet, sie habe als junges Mädchen in Büron bei einem alten Mann die Kunst des Glasmalens erlernt. Hierbei muss es sich um Jean Amberg gehandelt haben. Jean Amberg starb 1838 in Büron.
Der aktivste Amberg Maler war jedoch wohl Josef Anton Amberg (1802- 1883), Sohn des Vorgenannten. Schon früh ging er zusammen mit seinen ebenfalls begabten Brüdern Johann Hieronimus und Josef Johann seinem Vater bei den Malaufträgen zur Hand. So wurde sein Talent gefördert und er wurde mit den Arbeitsabläufen vertraut. Dreissigjährig heiratete der „Malertoni“, wie er mittlerweile genannt wurde, die Anne Maria Wagemann aus Sursee. Nachdem ihnen in Büron vier Kinder geboren worden waren zogen sie 1835 nach Sempach.
Als im Jahre 1847 die Freischarenzüge durch das Luzernerland tobten, wurde auch Anton davon betroffen. Durch Verleumdungen stellten ihm die regierungstreuen Truppen nach und er musste sich während mehrerer Wochen im Mussiwald oberhalb Sempach verstecken. Man erzählte sich, er habe sich auf einer Tanne eine Hütte gebaut und Beeren und Pilze gesammelt. Seine Frau habe diese dann gegen Brot und Fleisch eingetauscht.
Im Jahre 1851, als bereits das siebzehnte Kind zur Welt gekommen war, kaufte Amberg die Liegenschaft Stremel in Dagmersellen. Dass seine Frau und die Kinder den landwirtschaftlichen Betrieb alleine bewirtschaften mussten, war selbstverständlich. Anton Amberg war als Maler hauptsächlich auswärtig tätig. 1855 fand in Willisau die Luzerner Industrie Ausstellung statt. Hier stellte er zum ersten Mal vier Ölbilder aus.
1859 kam das letzte der insgesamt dreiundzwanzig (23 !) Kinder zur Welt. Es starb jedoch gleich nach der Geburt. Als seine Frau 1864 verstarb, verkaufte der Malertoni den Stremel, wohnte zunächst in Reiden, zog später aber wieder nach Sempach. Hier verstarb er am 28.1.1883.
Das Werk von Anton Amberg ist vielfältig und umfangreich. Er renovierte alte Kirchenbilder und schuf viele neue. Leider sind im Laufe der Zeit viele von ihnen, vor allem Heilig-Grab Gemälde, vernichtet worden. In der katholischen Kirche war es früher üblich, dass vom Karfreitag bis Ostern eine Heilig-Grab Zeremonie abgehalten wurde, bei die Leidensbilder Jesu gemalt waren. An Ostern wurden dann das Bildnis des Auferstandenen aufgerollt, oft von hinten beleuchtet und die die Glocken begannen zu läuten. Dies war immer ein sehr emotionales Ereignis!
Sein grösster und wohl interessantester Auftrag war die Deckenbemalung in der Heilig Blut Kapelle von Willisau. Hierbei ist das gesamte Kirchengewölbe mit 70 Einzelbildern bemalt. Sie stellen biblische Szenen, die Apostel und die Nebenpatrone der Kapelle dar. Amberg und sein Sohn Johann zogen dabei montags in der früh mit dem Leiterwagen voller Farbtöpfe, Pinsel und anderer Utensilien von Dagmersellen nach Willisau. Hier malten und wohnten sie unter der Woche, bevor sie samstags wieder heimkehrten.
Die Deckenbemalung in der Heilig Blut Kapelle von Willisau
Ein über die Landesgrenzen hinaus bekanntes Gemälde ist das Portrait von „Vater Wolf von Ripperschwand“. Niklaus Wolf war sowohl Landwirt und Politiker, als auch ein Mann von grossem Charisma und ausgestattet mit begnadeten Heilfähigkeiten. Er hatte grossen Einfluss auf die konservativ-katholischen Kräfte des Sonderbundes von 1845-47.
"Vater" Wolf portraitiert von Anton Amberg
Das Werkeverzeichnis des „Malertoni“ ist lang. Er malte in Kirchen, Kapellen und Klöstern vor allem in den Kantonen Luzern, Solothurn bis hin nach St. Gallen.
Der Malertoni gemalt von seinem Sohn Johann Anton
Von den zahlreichen Kindern des „Malertoni“ zeigte vor allem der 1846 geborene Johann Anton Sebastian grosses Talent ein würdiger Nachfolger zu werden. Nach der Lehrzeit beim Vater in Sempach reiste der junge Johann zu seinem zwölf Jahre älteren Bruder nach Strassburg, der dort den Beruf eines Zeichenlehrers ausübte. 1872 zog es ihn weiter nach Rom, wo er als Schweizergardist unter Oberst von Sonnenberg in päpstliche Dienste trat. Doch das Wachestehen behagte ihm nicht lange. Er quittierte den Dienst und arbeitete als Malkünstler zusammen mit dem westfälischen Wilhelm Clausing an der deutschen Nationalkirche beim Campo Santo in Rom. Die Kölner Volkszeitung vom 21.6.1875 berichtete darüber: „Die Restauration ist im Ganzen ungemein glücklich ausgefallen; die Malereien sind von zwei jungen Künstlern, Wilhelm Clausing und Johann Sebastian Amberg, einem geb. Schweizer, ausgeführt worden“.
Nach vierjährigem Aufenthalt in Rom reiste er über Marseille nach Einsiedeln, wo er die Szenen für Schillers Freischütz malte. 1882 liess er sich dann in Sempach nieder.
Johann Anton in seinem Atelier
Im Jahre 1884 bekam er den Auftrag für die Kirchenrenovation in Büron zum Preis von Fr. 4‘390,--. Darin enthalten waren auch zwei grossflächige Deckengemälde für Fr. 300,--!
In einen Rechteckrahmen malte er das Abendmahl und in einen ovalen Christi Himmelfahrt. Leider wurden diese Gemälde bei den Renovationsarbeiten 1974 auf Anordnung der Denkmalpflege übermalt. Der Sempacher Architekt Paul Arnold, der die Arbeiten fachkundig begleitete, hat die Gemälde bei einer Bestandsaufnahme fotografiert, so dass sie uns gottseidank wenigstens auf diese Weise erhalten geblieben sind. Die Fotoragfien sind im Eingangsbereich der Büroner Kirche zu besichtigen.
Das letzte Abendmahl Christi Himmelfahrt
Im Jahre 1887 verlegte Johann Anton Sebastian Amberg seinen Wohnsitz nach Sursee und kaufte das „Haus zur Farb“ in der Surseer Unterstadt. Seine Ehe mit Sophie Ketterer aus dem schwäbischen Bleichheim blieb kinderlos. 1916 verstarb Amberg und mit ihm ging eine vier Generationen dauernde Malerhistorie zu Ende.
Sicher sind die Ambergs nicht zu den ganz grossen unter den Malern zu zählen. Ihre Arbeiten kann man eher als handwerklich solide Sakralmalerei bezeichnen. In jedem Fall stellt ihre Kunst aber ein schönes Stück Schweizer Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts dar. V.S.2019